Die Ungeduld der Personaler

Gut vorbereitet und bester Dinge startet Herr Meier seinen Weg in das Finale – heute entscheidet sich, ob er die langersehnte neue Stelle bekommen soll. Natürlich hat er bei so einem wichtigen Gespräch nichts dem Zufall überlassen. Vor ein paar Tagen hat er erfolgreich das Tagestraining „Bewerben, aber richtig!“ absolviert und kann jetzt entspannt dem Gespräch entgegensehen. Vorher hatte er sich noch vor der berüchtigten Schwächen-Frage gefürchtet. Zum Glück gab es dafür einen einschlägigen Tipp – „Sagen sie bei der Frage Ungeduld! Das können sie im Gespräch leicht in eine Stärke umformulieren, z.B. dass diese sie als Triebfeder gut vorangebracht hat.“ Völlig logisch, und so einfach.

10:50 Uhr. Das Gespräch läuft gut, die Stationen von Herrn Meiers Lebenslauf sind beschrieben, man wendet sich weiteren Themen zu. Da ist er – der Klassiker! „Herr Meier, eine Frage interessiert mich noch. Bei welchen Themen können sie sich persönlich noch verbessern?“ Nett verpackt, aber doch eindeutig zu identifizieren – die will etwas zu meinen Schwächen hören! Fast bildet sich leichter Schweiß auf der Stirn, doch dann entspannt sich Herr Meier, als er an die Tipps des Bewerbungstrainings denkt. Er grinst in sich hinein und sagt, wieder ganz entspannt, „Ungeduld!“ Etwas erstaunt muss er bemerken, dass sich der Gesichtsausdruck seiner Interviewpartnerin verhärtet. Bevor er zu den auswendig gelernten umdeutenden Erläuterungen ansetzen kann treibt ihm ihre Antwort die Röte ins Gesicht: „Das bin ich auch oft, und manchmal sogar in Interviews, besonders bei bestimmten Antworten. „Herr Meier, welchen Bereich können sie bei sich neben der Ungeduld noch verbessern? Warum glauben sie das, und in welcher Situation hat es Ihnen zum Nachteil gereicht?“ Nun, entscheiden sie als Leser selbst, ob Herr Meier mit dem folgenden langen Nachdenken und Stottern und Stammeln den ersehnten Job noch bekommen hat.

So oder so ähnlich kann es passieren, wenn man die vielzitierten und trainierten „Tipps und Tricks“ auswendig  lernt und anwendet. Immer wieder überraschend, aber die Erfahrung zeigt, dass sich geübte und erfahrene Interviewer auch damit auskennen. Sie finden ihren Weg des Umgangs damit und kommen trotzdem an die benötigten Informationen. Natürlich gibt es in der Interviewsituation ein paar Grundregeln zu beachten, die ihnen einschlägige Trainings gut vermitteln. Vorsicht aber bei Tipps und Tricks. Im Gespräch geht es nicht um Schauspiel, sondern um ihre Authentizität und ihre Passung für den Job. Wer sich hier verstellt, wirkt entweder nicht echt und erzeugt damit das „schlechte Bauchgefühl“ beim Interviewer. Dieser hat in seiner Schulung gelernt, immer auf selbiges Bauchgefühl zu hören, und reagiert entsprechend. Oder sie bekommen den für die gespielte Person geeigneten Job, aber nicht den für sie – mit den zu erwartenden Folgen in der  Probezeit. Bereiten sie sich gut auf ihr Vorstellungsgespräch vor – meine Anregung: mit vielen Gedanken über sich, Ihre Licht- und Schattenseiten, ihre Erfolge und auch Misserfolge, und was sie gerade aus diesen gelernt haben.